Zum Leserbrief von Margot Rieger in der SOR vom 30.04.2015: TTIP und CETA: Wird tatsächlich alles gut? Exportüberschuss, Schere arm-reich, Staatsverschuldung, Zinsen, USA am Ende.

Zunächst einmal, liebe Margot Rieger, wir kennen uns nicht, aber ich bin begeistert von deinem Leserbrief und möchte dir ganz herzlich zu so viel Durchblick gratulieren. Es ist nicht das Chlorhuhn, das uns umbringen wird. Minderwertige Hühnchen haben wir nämlich schon lange. Es ist der Investorenschutz, der unserer Restdemokratie den Garaus machen wird. Das hast du sehr gut dargelegt. Liebe Leser, führen Sie sich diesen Brief noch einmal zu Gemüte. Er ist ein Goldstück in unserer Medienlandschaft.

Um Ihnen eine weitere Ahnung von dem zu geben, welcher Irrsinn heute abläuft, möchte ich ergänzend auf unseren so geliebten Exportüberschuss eingehen. Deutschlands Auslandshandelsbilanz ist seit einigen Jahrzehnten positiv, was bedeutet, wir exportieren mehr als wir importieren = wir leisten mehr, als wir selbst brauchen. Auf meinen Privathaushalt angewendet bedeutet das, ich verdiene mehr als ich verbrauche. Das ist schön, weil ich mir damit etwas für Notzeiten sparen kann. Mein Vermögen wächst.

Aber wie sieht denn nun das Vermögen Deutschlands, also der Exportüberschuss aus? Das Ergebnis unser aller Arbeit. Da sollten z.B. von 1999 – 2013, also 14 Jahre etwa 2 Billionen Euro da sein. Bei der deutschen Bundesbank ist das Geld nicht. Das sagen sie selber. Auch nicht beim Staat, denn der ist bekanntermaßen verschuldet. Auch bei den Unternehmen nicht, denn die arbeiten vorzugsweise mit Krediten. Welche Überraschung, man findet es in den Privathaushalten. Sie sagen, nein, das kann nicht sein, meine paar Kröten. Stimmt, denn fast 70% davon ist bei etwa 10% Megareichen. Die nächsten 20% des Geldes finden sich bei den nächsten 10% Deutschen. Ups, ist da was falsch gelaufen? Fast 90% unserer Überstunden, unseres Lohnverzichts landet bei den Reichen? Ein klares Ja. Und damit wir uns richtig verstehen, Max Aicher mit seinem lt. Heimatzeitung ca. 3 stelligem Millionenvermögen gehört noch zu uns 80%.

Wie konnte das geschehen? Wie konnten die Früchte unserer Arbeit zu so wenigen Reichen kommen? Es liegt an den Zinsen. Wer Geld hat, dessen Geld wird durch die Zinsen automatisch mehr. Wer mehr Geld hat, bekommt höhere Zinssätze, sozusagen Mengenrabatt. Deshalb verdichtet sich im Laufe der Zeit das Vermögen bei den Reicheren. Die Zinsen bezahlen die Kreditnehmer, also Staat, Unternehmen und der eine oder andere Haushalt. Da zwar der Kredit selbst bei der Vergabe als Geldmenge geschaffen wird, nicht aber der Zins, kann dieser - volkswirtschaftlich gesehen - nur über neue Kredite bezahlt werden. Die gibt es aber nur, wenn entsprechende Sicherheiten da sind. Und die gibt es nur durch Erschaffung von neuen Werten, Waren. Dafür müssen Alle zunehmend Einnahmen erhöhen und Ausgaben reduzieren. Nur so können die notwendigen Sicherheiten für neue Kredite erwirtschaftet werden. Je mehr Schulden, desto heftiger wird dieser Zwang. Das endet mathematisch zwingend und unaufhaltsam im Zusammenbruch. Mit niedrigen Zinsen haben wir uns jetzt eine Galgenfrist erkauft. Kleine Feinheit am Rande: Unternehmen gehören natürlich Menschen, also Privathaushalten, die den Gewinn aus den Unternehmen abziehen. Und der Staat?

Tja, der Staat. Ist das nicht unsere Organisation für Gerechtigkeit, Infrastruktur, Bildung, Verteidigung etc.? Sind das nicht wir alle? Moment Mal, wir sind bei uns verschuldet? Dann zahlen wir doch einfach unsere Schulden bei uns zurück. Der Staat ist dann schuldenfrei und wir haben immer noch, Moment… knapp 3 Billionen € Guthaben. Nur mit unseren 10% am Vermögen kommen wir nicht weit. Da müssen wir schon an die 90% der 20% Reichen ran. Aua. Wir sind ja im Prinzip gutmütig, mit uns könnte man sowas schon machen, wenn es gerecht zugeht. Aber die Finanzelite hat die Tendenz, vehement nichts hergeben zu wollen. Die müsste man dann zwingen. Bei der Gelegenheit können wir auch gleich die Zinsen abschaffen.

Nachdem sich nun derart viel Geld angesammelt hat, dass man es allein im Inland gar nicht mehr unterbringen kann, verleiht man das Elitengeld (oder etwa doch unser Geld?) gerne ins Ausland. Und da geht es nicht um Erdnüsse. Das sind mittlerweile fast 1 Billion € (= 1.000 Milliarden).

Schauen wir uns jetzt die Handelsbilanz der USA an. Sie ist seit einigen Jahrzehnten negativ. Das bedeutet, die Amerikaner verbrauchen mehr als sie leisten. Und zwar bis ca. 1995 in etwa demselben Ausmaß, wie Deutschland im Plus ist. Danach trennt sich diese gemeinsame Entwicklung und es geht mit den USA rasant bergab. Die USA sind heute bankrott. Sie leben von Importen und geben dafür Schuldscheine (=Anrecht auf US-Dollar) oder frisch gedruckte US-Dollar aus. Sie leben also von der Restwelt. Das funktioniert nur deshalb noch, weil der Dollar die Handelswährung für Erdöl ist. Erdöl braucht jedes Land dieser Erde und damit den Dollar um es kaufen zu können. Auch den erdölproduzierenden Ländern wird der Dollar aufgedrängt, weil sie es ja nur in Dollar verkaufen können.

So schließt sich der Kreis. Das Geld der deutschen Finanzelite (oder sollte man ev. sagen unser Geld?) landet zunehmend in den USA (zurzeit sind es etwa ¼ der 1 Bill.). Jeder Banker würde sofort fragen: Und, gibt es Sicherheiten angesichts der dramatischen Lage der USA? Hm, also ich bitte Sie, unter Freunden. Also jedenfalls kaum Grundstücke, Gold oder andere Waren. Aber es gibt Rating-Agenturen, die zufälligerweise alle amerikanisch sind. Die sagen, dass der Staat USA und viele amerikanische Unternehmen absolut kreditwürdig sind. Na ja, und denen muss man doch glauben, oder? Wohin auch sonst mit dem vielen Geld. Nach China, Russland? Nein keine Chance. TTIP bedeutet einen weiteren Schritt zu Transatlantis, der Vereinigung der USA und Europa, selbstverständlich unter der Führung der USA. Damit kann Europa noch besser ausgesaugt werden. Vielleicht läuft ja dann das Sytem noch eine Weile.

Zum Abschluss: Bei den viel gescholtenen Griechen haben wir Deutsche nur 19 Milliarden € Forderungen. Davon entfallen auf uns 80% (siehe oben) nur 10%, also 1,9 Milliarden €. Das läuft ja schon beinahe unter Portokosten und vor allem, es betrifft uns normale Leute praktisch nicht. Also ich liebe die Griechen. Den Ouzo nach dem Essen haben wir tatsächlich schon bezahlt. Aber mehr auch nicht. Prost! Alle Mann auf verlorenen Posten, versenkt unser Schiff.

Quellen: www.wikipedia.de unter den Stichwörtern Handelsbilanzdefizit, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Geldvermögen, www.bundesbank.de